Betäubungsmittelgesetz (BtMG) - Die
Straftaten
Rechtsanwalt Rolf Tarneden
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG)
stellt Verstöße im Umgang mit Betäubungsmitteln unter
Strafe. In kaum einem Strafrechtsgebiet stellt sich für
Beschuldigte eine solche Vielzahl von Fragestellungen wie
hier, z.B.: Ist der Besitz von Haschisch straflos? Wann
wird ein Verfahren wegen Besitzes zum Eigenkonsum? Wann
kommen mir die Vorteile des § 31 BtMG zu Gute? Was ist
eine "nicht geringe Menge" Heroin, Kokain oder Haschisch?
Kann ich "Therapie statt Strafe" bekommen? Darf mein Geld
in einem Drogenstrafverfahren beschlagnahmt werden?
u.s.w.
Dieser Ratgeber gibt einen ersten Überblick über
wesentliche Fragestellungen bei Strafverfahren wegen
Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Er orientiert
sich dabei an den folgenden Fragestellungen:
1. Was sind die wichtigsten
Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz und wie hoch
sind die Strafen?
2. Wann liegt eine
"nicht geringe Menge" Heroin, Kokain, Marihuana, Cannabis
oder Haschisch vor?
3. Kann mein
Strafverfahren wegen Besitzes von Drogen zum Eigenkonsum in
geringer Menge eingestellt werden?
4. Bekomme ich
weniger Strafe, wenn ich gegen Mittäter oder andere
aussage?
5. Was bedeutete
"Therapie statt Strafe" nach § 35 BtMG?
6. Die Polizei hat
bei meiner Durchsuchung Bargeld beschlagnahmt. Kann ich das
Geld zurück bekommen?
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1. Was sind
die wichtigsten Straftaten nach dem
Betäubungsmittelgesetz und wie hoch sind die
Strafen?
Die wichtigsten Straftatbestände sind geregelt in
§ 29 BtMG (nachfolgend a)
§ 29a BtMG (nachfogend b)
§ 30 BtMG (nachfolgend c)
§ 30a BtMG (nachfolgend d)
a) § 29 BtMG
In § 29 BtMG werden die wichtigsten unter Strafdrohung
gestellten Handlungen im Umgang mit Betäubungsmitteln
genannt. Strafbar macht sich danach (§ 29 Abs. 1 Nr. und
3 BtMG), wer
1.
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Betäubungsmittel unerlaubt
anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie,
ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt,
veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,
erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
|
3.
|
Betäubungsmittel besitzt, ohne
zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis
für den Erwerb zu sein,
|
Für die Strafverteidigung ist von größter Bedeutung,
welche Handlung von der Staatsanwaltschaft angeklagt
worden ist. Darum ist jede Anklageschrift sorgfältig
darauf hin zu überprüfen, ob der dem Angeschuldigten
gemachte Vorwurf zutreffend ist. Die strafbaren
Handlungen aus vorstehendem Auszug des § 29 BtMG sollen
nachstehend in den wesentlichen Grundzügen vorgestellt
werden:
Anbau von Betäubungsmitteln
Erfasst ist Saat von Samen von Pflanzen, aus denen
Betäubungsmittel gewonnen werden und deren Aufzucht.
Herstellen von Betäubungsmitteln
Das Herstellen erfasst (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) das das
Gewinnen, Anfertigen, Zubereiten, Be- oder Verarbeiten,
Reinigen und Umwandeln von Betäubungsmitteln.
Handel treiben mit Betäubungsmitteln
Das Handeltreiben ist der zentrale Begriff im
Betäubungsmittelstrafrecht. Erfasst sind alle
eigennützigen Bemühungen des Täters, die darauf gerichtet
sind, den Umsatz mit Betäubungsmitteln zu ermöglichen und
zu fördern. Die Eigennützigkeit ist dadurch
gekennzeichnet, dass der Täter einen persönlichen Vorteil
erstrebt, namentlich einen Geldgewinn durch Verkauf von
Betäubungsmitteln. Handeltreiben ist bereits bei
einmaligem Tun erfüllt.
Einfuhr von Betäubungsmitteln
Meint den Transport des Betäubungsmittels aus dem Ausland
nach Deutschland (Grenzüberschreitung).
Ausfuhr von Betäubungsmitteln
Meint den Transport des Betäubungsmittels aus Deutschland
ins Ausland (Grenzüberschreitung).
Veräußern von Betäubungsmitteln
Veräußerung von Betäubungsmitteln im Wege der
rechtsgeschäftlichen entgeltlichen Übergabe (typisch:
Verkauf). Im Unterschied zum Handeltreiben handelt der
Täter hier nicht eigennützig (z.B. Verkauf ohne Gewinn).
Abgabe von Betäubungsmitteln
Überlassung des Besitzes an Betäubungsmitteln an Dritte
zu deren freier Verfügung. Die Überlassung muss
unentgeltlich erfolgen.
In Verkehr bringen von Betäubungsmitteln
Als Auffangtatbestand ist diese Variante geschaffen, um
verbleibende Strafbarkeitslücken zu schließen. Erfasst
ist jedwede Tätigkeit, des es Dritten ermöglicht, eigene
Verfügungsgewalt über das Betäubungsmittel zu erlangen,
z.B. Täter lässt Betäubungsmittel am Orte seines Konsums
(z.B. Kinderspielplatz) liegen.
Erwerb von Betäubungsmitteln
Entgeltliches oder unentgeltliches Erlangen der eigenen
Verfügungsgewalt über das Betäubungsmittel durch
einverständliches Zusammenwirken mit dem Vorbesitzer.
Verschaffen von Betäubungsmitteln in sonstiger Weise
Erlangen der eigenen Verfügungsgewalt über das
Betäubungsmittel ohne Einverständnis des bisherigen
Besitzers, z.B. Raub, Erpressung, Diebstahl.
Besitz von Betäubungsmitteln (ohne zugleich im Besitz
einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein)
Täter hat tatsächliche Sachherrschaft bei entsprechenden
Herrschaftswillen, also typischerweise Besitzverhältnisse
im umgangssprachlichen Sinn. Zugang zu Verstecken genügt
(z.B. Schlüssel für Tresor). Bloß vorübergehender Zugang
genügt dagegen nicht, z.B.: wenn A dem B einen Joint zum
Ziehen hinhält, hat B keinen Besitz.
b) § 29a BtMG
§ 29 a BtMG regelt:
"(1) Mit Freiheitsstrafe nicht
unter einem Jahr wird bestraft, wer
|
1.
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als Person über 21 Jahre
Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18
Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch
überläßt oder
|
2.
|
mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in
nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie
besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach §
3 Abs. 1 erlangt zu haben."
|
Hier
ist besonders auf § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG hinzuweisen,
der das Handel treiben, herstellen, die Abgabe und den
Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
unter Strafe stellt. Es handelt sich dabei um eine häufig
angewendete Strafvorschrift. Das Hauptaugenmerk ist auf
die Strafdrohung zu richten. Nicht unter einem Jahr
Freiheitsstrafe drohen bei einer Verurteilung. Deswegen
ist für den Beschuldigten von besonderem Interesse, ob
der Wert der so genannten "nicht geringen Menge" erreicht
ist. Siehe dazu ausführlich sogleich unter 2.
Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass es § 29a
Abs. 2 BtMG ermöglicht, in minder schweren Fällen die
Strafe auf das Strafmaß von drei Monaten bis zu fünf
Jahren zu mildern. Es ist Aufgabe des Strafverteidigers,
sorgfältig zu prüfen, ob die Annahme eines minder
schweren Falles möglich ist.
c) § 30 BtMG
§ 30 BtMG regelt:
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht
unter zwei Jahren wird bestraft, wer
|
1.
|
Betäubungsmittel unerlaubt
anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§
29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied
einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten
Begehung solcher Taten verbunden hat,
|
2.
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im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1
gewerbsmäßig handelt,
|
3.
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Betäubungsmittel abgibt, einem
anderen verabreicht oder zum unmittelbaren
Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen
Tod verursacht oder
|
4.
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Betäubungsmittel in nicht
geringer Menge ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1
einführt.
|
(2) In
minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von
drei Monaten bis zu fünf Jahren.
Diese Vorschrift nennt als strafschärfende Gesichtspunkte
(u.a.) die Mitgliedschaft in einer Bande, das
gewerbsmäßige Tun, die Abgabe von Betäubungsmitteln mit
Todesfolge. Die Strafdrohung von nicht unter 2 Jahren ist
beachtlich. Besondere Schwierigkeit bereitet häufig das
Merkmal der gewerbsmäßigen Tatbegehung. Gewerbsmäßig
handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine
fortlaufende Einnahmequelle verschaffen will. Dabei ist
zu bedenken, dass schon eine einmalige Tatbegehung zur
Annahme der Gewerbsmäßigkeit genügen kann. Da sich der
Wille zur fortlaufenden Tatbegehung bei einer einmaligen
Tat aber regelmäßig nicht nachweisen lässt, wird die
Gewerbsmäßigkeit zumeist nur bei Wiederholungstätern
angenommen werden können.
d) § 30a BtMG
§ 30a BtMG hat den nachstehenden Wortlaut.
"(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird
bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge
unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie
ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur
fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
1.
|
als Person über 21 Jahre eine
Person unter 18 Jahren bestimmt, mit
Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie,
ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen,
zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr
zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern,
oder
|
2.
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mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie,
ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder
sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder
sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art
nach zur Verletzung von Personen geeignet und
bestimmt sind.
|
(3) In
minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von
sechs Monaten bis zu fünf Jahren."
§ 30a BtMG richtet sich in der Regel nicht mehr an den
Konsumenten von Betäubungsmitteln. Diese Strafvorschrift
richtet sich gegen den organisierten Drogenhandel. Dies
verdeutlicht zum einen § 30a Abs. 1 BtMG, wonach das
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in "nicht geringer
Menge" dann, wenn es bandenmäßig betrieben wird, mit
Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren geahndet wird.
Schlüsselbegriff für die Strafverteidigung ist hier
selbstverständlich der Begriff der Bande. Es ist im
Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob bandenmäßige
Tatbeteiligung vorliegt.
Zum anderen wird dies in § 30a Abs. 2 Nr. 1 und 2 BtMG
deutlich. In den Vorschriften wird unter Strafe gestellt,
wer Minderjährige zu Drogengeschäften veranlasst oder bei
Drogengeschäften Schusswaffen oder andere gefährliche
Gegenstände mit sich führt. Hier erschöpft sich die
Handlung nicht in dem Umgang mit Drogen, sondern es sind
entweder Minderjährige in Drogengeschäfte involviert oder
es droht eine erhöhte Gefahr durch das Führen von Waffen.
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2. Wann liegt eine "nicht geringe Menge"
Heroin, Kokain, Marihuana, Cannabis oder Haschisch vor?
Eine der wichtigsten Fragen bei dem Vorwurf von Handel
treiben mit Betäubungsmitteln ist, ob die so genannte
"nicht geringe Mange" an Heroin oder anderen Drogen
vorliegt. Wie oben unter 1. ausgeführt, droht dann eine
Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr. Wird der Wert
der "nicht geringen Menge" nicht erreicht, fallen die
drohenden Strafen gravierend geringer aus.
Das Gesetz hat nicht näher festgelegt, wann die
Grenzwerte der nicht geringen Menge erfüllt sind. Die
Gerichte mussten daher Grenzwerte festsetzen. Die
Grenzwerte der "nicht geringen Menge" für die wichtigsten
Drogen lauten:
Kokain
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mindestens 5,0 Gramm
Kokainhydrochlorid
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Heroin
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mindestens 1,5 Gramm
Heroinhydrochlorid
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Marihuana
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Haschisch
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Cannabis
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mindestens 7,5 Gramm THC
(Tetrahydrocannabinol)
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Amphetamin
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mindestens 10 Gramm
Amphetamin-Base
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Crystal-Speed
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mindestens 30 Gramm
Methamphetamin-Base
|
Kath-Pflanzen
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mindestens 30 Gramm
Cathinon
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LSD
|
mindestens 6 mg
Lysergsäurediäthylamid
|
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die beschlagnahmte
Menge Drogen (z.B. Heroin, Kokain oder Haschisch) nicht
gleichgesetzt werden darf mit der eben bezeichneten so
genannten "nicht geringen Menge". Denn die
beschlagnahmten Drogen enthalten regelmäßig nur anteilig
den eigentlichen Wirkstoff (z.B. Heroinhydrochlorid).
Heroin enthält in der Straßenverkaufsqualität
näherungsweise 5 % Heroinhydrochlorid. Wird also ein so
genannter "5er Beutel" beschlagnahmt, sind zwar fünf
Gramm Heroin beschlagnahmt. Bei einem Wirkstoffgehalt von
5 % Heroinhydrochlorid ist die nicht geringe Menge dabei
jedoch bei weitem nicht erreicht. Gewissheit über den
genauen Wirkstoffgehalt ergibt dann die labortechnische
Untersuchung der beschlagnahmten Betäubungsmittel, die in
diesen Strafverfahren regelmäßig durchgeführt wird.
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3. Kann mein Strafverfahren wegen Besitzes
von Drogen zum Eigenkonsum in geringer Menge eingestellt
werden?
Das Gesetz ermöglicht in bestimmten Fällen bei geringen
Mengen von Betäubungsmitteln die Verfahren einzustellen
(§ 31a BtMG).
Das Gesetz legt nicht fest, wann die so genannte "geringe
Menge" vorliegt und hat dies der Rechtspraxis überlassen.
In den einzelnen Bundesländern existieren Regelungen, die
ein landesintern einheitliches Vorgehen der
Strafverfolgungsbehörden vorsehen. Für Niedersachsen -
dem Bundesland, in dem ich tätig bin - gilt vereinfacht
folgende Regelung:
Eine Einstellung kommt regelmäßig in Betracht bei Mengen
von bis zu 6 Gramm Cannabis oder Marihuana zum
Eigenverbrauch. In Einzelfällen kann auch bis zu 15 Gramm
eine Einstellung vorgenommen werden. Bei Kokain oder
Heroin kommt eine Einstellung nur bei Kleinstmengen in
Betracht, z.B. 0,5 Gramm.
Jedoch ist zu bedenken, dass das Gesetz neben der
"geringen Menge" eine ganze Reihe weiterer Anforderungen
stellt, die erfüllt sein müssen, damit eine Einstellung
möglich ist. Diese Anforderungen lauten:
· die Einstellung ist nur bei bestimmten Straftaten
möglich, nämlich Verstöße nach § 29 Abs. 1, 2 oder 4 BtMG
· die Staatsanwaltschaft "kann", muss aber nicht von der
Verfolgung absehen
· die Schuld des Täters muss als gering anzusehen sein
· es darf kein öffentliches Interesse an der
Strafverfolgung bestehen und
· der Täter hat die Betäubungsmittel nur zum
Eigenverbrauch angebaut, hergestellt, eingeführt,
ausgeführt, durchgeführt, erworben oder sich in sonstiger
Weise verschafft oder besessen
· bei Handeltreiben mit Betäubungsmitteln greift die
Vorschrift also nicht ein
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4. Bekomme ich weniger Strafe, wenn ich
gegen Mittäter oder andere aussage?
Diese in Drogenprozesses immens wichtige
Vorschrift ermöglicht es den Strafverfolgungsbehörden, in
Drogenverfahren entweder ganz erheblich mildere Strafen
auszuurteilen oder aber in bestimmten Fällen sogar von
einer Bestrafung abzusehen. Dabei muss aber jeder
Betroffene bedenken, dass das Gesetz (§ 31 BtMG) nur
unter genau bestimmten Voraussetzungen Straffreiheit oder
-milderung ermöglicht. Das Gesetz unterscheidet im Kern
zwei Fälle. Danach wird danach unterschieden, ob der
Beschuldigte Angaben zu der ihm selbst vorgeworfenen Tat
macht oder aber zu solchen Straftaten, die sich noch im
Planungsstadium befinden.
Macht der Beschuldigte Angaben zu der ihm selbst
vorgeworfenen Tat, kann er in den Genuss der Vorteile des
§ 31 BtMG dann kommen, wenn er durch seine Angaben
wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Tat über den
eigenen Tatbeitrag hinaus aufgedeckt werden konnte. Dies
kann z.B. dann der Fall sein, wenn der Täter andere
Mittäter oder Hintermänner benennt. Da der Beschuldigte
selbst am besten weiß, wie viel er zu der Tat über seinen
eigenen Tatbeitrag hinaus preisgeben kann, kann der
Beschuldigte in diesen Fällen relativ sicher im Vorfeld
seiner Angaben einschätzen, ob er auch wirklich in den
Genuss des § 31 BtMG kommt. Eine gewichtige Bedeutung
muss der Beschuldigte in diesem Fall dem Zeitfaktor
zumessen. Ergeben die weiteren Ermittlungen auch ohne
sein Zutun die Beteiligung anderer Personen und macht er
später die drittbelastenden Angaben, werden die
Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 BtMG häufig nicht mehr
bejaht werden können. Erforderlich ist, dass die Aussage
des Beschuldigten "wesentlich" dazu beigetragen hat, dass
die Tat über den eigenen Tatbeitrag hinaus aufgedeckt
werden konnte.
Für den Beschuldigten gilt es insbesondere die Situation
zu vermeiden, gegen andere Personen ausgesagt zu haben,
aber die Vorteile des § 31 BtMG nicht zu bekommen.
Diese Situation kann eher eintreten in der anderen
Variante des § 31 BtMG. Danach liegen die Voraussetzungen
des § 31 (Nr. 2 BtMG) dann vor, wenn der Täter freiwillig
sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart,
das bestimmte Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz,
von deren Planung er weiß, noch verhindert werden können.
Dabei genügt es aber nicht, eine Personen der Begehung
irgendwelcher Straftaten nach dem BtMG zu bezichtigen. Es
müssen schwere Straftaten angezeigt werden (nämlich §§ 29
Abs. 3, 29a Abs. 1, 30 Abs. 1, 30a Abs. 1 BtMG), s.o.
Keine dieser anzuzeigenden Straftaten hat ein geringeres
Strafmaß als ein Jahr Freiheitsstrafe.
Diese Variante birgt für den Beschuldigten erhebliche
Risiken. Zum einen ist zum Zeitpunkt seiner Aussage
ungewiss, ob aus Sicht des Gerichtes tatsächlich eine
Straftat verhindert worden ist. Denn das Gericht muss
sich erst Gewissheit darüber verschaffen, dass die
angezeigte Straftat überhaupt geplant war. Zum anderen
muss das Gericht davon überzeugt sein, dass gerade die
genannten - besonders schweren Straftaten - nach dem
Betäubungsmittelgesetz geplant waren. Oder anders
gewendet: Ist das Gericht davon überzeugt, dass eine
Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz geplant war, ist
dies aber keine besonders schwere Straftat gewesen, liegt
§ 31 Nr. 2 BtMG nicht vor.
Wie aufgezeigt ist diese Variante mit großen Risiken
verbunden. Das hat dazu geführt, dass sie in der Praxis
zu gut wie keinen Anwendungsbereich hat.
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5. Was bedeutete "Therapie statt Strafe"
nach § 35 BtMG?
Das Betäubungsmittelgesetz sieht harte
Strafen für Verstöße vor. Im Bereich der
Drogenkriminalität sind vereinfacht gesagt zwei Arten von
Straffälligen zu unterscheiden:
- der Händler, der selbst nicht konsumiert
- der Abhängige, der kauft und sich ggf. durch Verkäufe
seinen Suchtbedarf finanziert.
Die Abhängigen sind unter Umständen derart abhängig, dass
eine Erkrankung vorliegt. Wer in einer solchen Lage
strafrechtlich in Erscheinung tritt, kann zu einer
Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt werden. Dann
sitzt der Drogenabhängige, der suchtkrank ist, im
Gefängnis. Zwar wird er bestraft, aber durch die
Inhaftierung nicht unbedingt wieder gesund. Diese
Personen benötigen eine Therapie, keine Strafe (daraus
hat sich die Wendung "Therapie statt Strafe" entwickelt).
Dieser Erkenntnis hat sich der Gesetzgeber angeschlossen
und in § 35 BtMG die grundlegende Vorschrift geschaffen.
Danach kann der Verurteilte beantragen, dass die
Strafvollstreckung zurückgestellt wird (er also nicht ins
Gefängnis muss), wenn sich der Verurteilte bereits in
einer Rehabilitationsmaßnahme befindet oder aber die
Teilnahme an einer Rehabilitationsmaßnahme zugesagt hat
und ihre Aufnahme auch sichergestellt ist.
Bei erfolgreicher Therapie wird die Therapiezeit auf die
Strafe angerechnet und die Reststrafe häufig zur
Bewährung ausgesetzt. Das Modell "Therapie statt Strafe"
ermöglicht es also, trotz Verurteilung zu einer
Haftstrafe ohne Bewährung niemals in der
Justizvollzugsanstalt einzusitzen und die Haftstrafe zu
verbüßen.
Zu bedenken sind regelmäßig noch folgende Grenzen
beziehungsweise Besonderheiten:
· Die Zurückstellung ist nur möglich bei Strafen von
nicht mehr als zwei Jahren
· Aus dem Urteil oder anderweitig muss sich ergeben, dass
der Verurteilte die Tat aufgrund
Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat
· Tritt der Verurteilte die Rehabilitationsmaßnahme nicht
an oder setzt er sie nicht fort, droht der Widerruf der
Zurückstellung der Strafvollsteckung.
· Die vom Verurteilten nachgewiesene Zeit des
Aufenthaltes in der Einrichtung wird auf die Strafe
angerechnet, bis infolge der Anrechnung zwei Drittel der
Strafe erledigt sind. Sind dann durch die Anrechnung zwei
Drittel der Strafe erledigt oder ist die Fortsetzung der
Rehabilitationsmaßnahme schon vorher nicht mehr
erforderlich, wird die Reststrafe zur Bewährung
ausgesetzt.
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6. Die Polizei hat bei meiner Durchsuchung
Bargeld beschlagnahmt. Kann ich das Geld zurück bekommen?
Drogen werden für Geld verkauft. "Drogengeld" wird
beschlagnahmt und eingezogen. Der Beschuldigte bekommt es
nicht zurück. Dies ist eine der wesentlichen Nebenfolgen,
die im Betäubungsmittelstrafrecht ausgesprochen werden.
Die in Drogenprozessen häufig streitige Frage ist jedoch,
ob das Geld tatsächlich aus Drogengeschäften herrührt,
Beispiel: Ein Dealer wird auf der Straße verhaftet. Es
werden 500,00 € und Heroin beschlagnahmt. Bei der
anschließenden Wohnungsdurchsuchung beschlagnahmt die
Polizei 3.000,00 €, weitere Drogen werden nicht gefunden.
Die im Haus des Beschuldigten lebende Mutter des
Beschuldigten erklärt bei der Durchsuchung, es handele
sich um ihr Geld (Ersparnisse). In solchen Fällen
bestehen gute Möglichkeiten, dass das Geld (hier
zugunsten der Mutter) wieder freigegeben wird.
Das Gesetz stellt zunächst die Grundregel auf, dass
Gelder aus Drogengeschäften vom Staat eingezogen werden.
Dass es sich um Drogengeld handelt, hat grundsätzlich der
Staat nachzuweisen. Aber "Geld stinkt nicht" und der
Nachweis ist häufig nicht zu erbringen.
Deswegen hat der Gesetzgeber eine Beweiserleichterung
zugunsten des Staates eingeführt. Für viele Straftaten
nach dem Betäubungsmittelgesetz hat der Gesetzgeber
folgende Beweiserleichterung zugunsten des Staates
eingeführt: Bestehen allem Anschein hinreichend
Verdachtsmomente, dass die Gelder aus Drogengeschäften
stammen, können sie (endgültig) eingezogen werden. Der
Bundesgerichtshof hat zu diesem Fragenkreis einmal
entschieden, das der Tatrichter für eine Anordnung der
Einziehung in diesen Fällen dann berechtigt ist, wenn er
uneingeschränkt davon überzeugt sei, dass der Angeklagte
das Geld deliktisch erlangt hat. Feststellungen über
konkrete Herkunftstaten seien dafür jedoch nicht
erforderlich.
Viele Betroffene sehen sich durch entsprechende
Anordnungen zu Unrecht betroffen. Versuche, diese
gesetzlichen Bestimmungen vor dem
Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklären
zu lassen, sind jedoch bislang gescheitert.
Einer meiner Tätigkeitsschwerpunkte liegt im Strafrecht.
Bei Interesse setzen Sie sich gern mit mir in Verbindung.
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