Schulplatz einklagen Niedersachsen
Einen Schulplatz einklagen erspart im Erfolgsfall viele Jahre Fahrzeit, Wege, Kosten, kann sich also sehr lohnen. Manche Schulen machen es sich einfach mit der Auswahl der Schüler und verlosen einfach alle Schulplätze. Eine Praxis, die nur wenig überzeugt. Das Losverfahren kann zur Folge haben, dass Schüler, die neben der Schule wohnen, in einen anderen Stadtteil müssen, wenn sie nicht ausgelost werden. Mehrkindfamilien können vor dem Dilemma stehen, dass sie Geschwisterkinder an verschiedene Schulen bringen müssen. Für die Schule dagegen ist das Losverfahren einfach. Praktisch null Verwaltungsaufwand. Für betroffene Eltern stellen sich viele Fragen: Erfolgt die Vergabe der Schulplätze wirklich wie von der Schule angegeben? Welches Auswahlverfahren durch die Schule ist zulässig? Kann man einen Schulplatz einklagen? Wenn ja, welche Fristen sind zu beachten? Mehr dazu in diesem Beitrag.
1. Was ist eine Schulplatzklage?
2. Erfolgt die Auswahl der Schüler wirklich wie von der Schule angegeben?
3. In welchen Fällen kann ein Schulplatz eingeklagt werden?
4. Wie sind die Erfolgsaussichten?
5. Achtung: Sofort nach Erhalt des Ablehnungsbescheides tätig werden!
6. Was kostet die Schulplatzklage?
1. Was ist eine Schulplatzklage?
Mit der Schulplatzklage wird bei Gericht eingeklagt, dass das Kind einen Schulplatz an einer bestimmten, von dem Kind (den Eltern) gewünschten Schule erhält.
2. Erfolgt die Auswahl der Schüler wirklich wie von der Schule angegeben?
Ich bekomme von Eltern immer wieder Schilderungen, aus denen sich ergibt, dass die Eltern den Verdacht haben, dass die Schulplätze gar nicht wirklich ausgelost werden, sondern von der Schule handvergeben werden.
Dies kann überprüft werden. Dazu gibt es zweierlei Möglichkeiten.
2.1. Teilnahme am Losverfahren
Beantragen Sie bei der Schule rechtzeitig vor der Verlosung der Schulplätze, dass Sie am Lostermin anwesend sein dürfen! Das Schulgesetz normiert nur, dass Schulplätze ausgelost werden. Eine nähere Bestimmung zur Durchführung des Losverfahrens ist nicht vorgesehen. Der Wunsch nach Transparenz des Losverfahrens ist in einer offenen Gesellschaft nur allzu verständlich. Eine Schule, die die Schulplätze fair verlost, sollte keine Bedenken haben, die Teilnahme eines Elternteils am Losverfahren zu bewilligen.
2.2. Überprüfung des Losverfahrens
Das Losverfahren kann auch nachträglich überprüft werden. Dabei – das darf ich aus meiner beruflichen Praxis berichten – fällt die Dokumentation der Losverfahren durch die Schulen sehr unterschiedlich aus. Ist das Losverfahren fehlerhaft durchgeführt, sind die Chancen auf einen Schulplatz häufig gut. So hat das Verwaltungsgericht Hannover in einem von mir vertretenen Prozess (Az.: 6 B 3412/16) festgestellt, dass das von der Schule durchgeführte Losverfahren rechtswidrig gewesen ist.
3. In welchen Fällen kann ein Schulplatz eingeklagt werden?
Beispiel: Die Eltern möchten, dass das Kind in Hannover die Schule A besucht. Sie im Bewerbungsverfahren 5 Schulen angegeben (Erstwunsch, Zweitwunsch…). Die Eltern erhalten einen Bescheid von der Schule, in der mitgeteilt wird, dass das Kind auf eine Schule gehen muss, die die Eltern gar nicht angegeben haben.
Dieser Fall ist extrem, ähnliches gilt, wenn die Mitteilung kommt, das Kind solle auf die Schule, die an 5. Stelle angegeben war.
In diesen Fällen kann per Klage der Schulplatz eingeklagt werden.
Geltend gemacht wird das Teilhaberecht bei der Zuweisung von Schulplätzen.
Da alle gleichen Zugang zu öffentlichen Schulen haben, muss die Vergabe gerecht sein. Mit der Klage wird geltend gemacht, dass die Vergabe ungerecht – rechtswidrig – war und das Kind bei konformer Vergabe den Platz an der Wunschschule oder einer Schule höheren Ranges einen Schulplatz erhalten hätte.
Beispiel: Schulplatzklage gegen IGS: für die von mir vertretene Mandantin haben wir erfolgreich einen Schulplatz zum 5. Jahrgang eingeklagt. Das Verfahren haben wir in zweiter Instanz im Eilverfahren vor dem höchsten Gericht in Niedersachsen gewonnen: OVG Lüneburg, Az.: 2 ME 264/13.
4. Wie sind die Erfolgsaussichten?
Die Schulplatzklage hat Erfolg, wenn das Kind zu Unrecht nicht den Schulplatz an der Wunschschule erhalten hat.
Die Erfolgsaussichten richten sich also danach, nach welchen Regeln die Wunschschule die Schulplätze ergeben hat. Beispiel:
Die Wunschschule kann Plätze vergeben
- nach einem Ranking (z.B. an erste Stelle Geschwisterkinder, an zweiter Stelle Kinder aus dem Schulbezirk…)
- nach dem Losverfahren
- Windhundprinzip (wer zuerst kommt, malt zuerst)
- …
Es ist dann zu prüfen, ob die Besonderheiten des Kindes bei der Vergabe berücksichtigt wurden. Wenn nein, ist zu schauen, ob bei Berücksichtigung das Kind einen Platz erhalten hätte. Ist beides zu bejahen, hat die Klage gute Erfolgsaussichten.
Gesondert ist immer zu prüfen, ob die angewendeten Vergaberegelungen dem Grundsatz des gleichen Zuganges gerecht werden. Fehlt es daran bzw. ist dies zweifelhaft, ist die Schulplatzklage ebenfalls aussichtsreich.
Problemlage: Die Schulen lassen sich nicht oder wenig in die Karten schauen, wie die Plätze vergeben worden sind. Somit kann es sein, dass der Schüler vor der Schulplatzklage die Vergabekriterien gar nicht kennt. Er muss dann praktisch die Klage erheben mit dem Risiko, dass sich sein Verdacht einer rechtswidrigen Vergabe nicht bestätigt!
Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass dies gegen die Erfolgsaussichten von Schulplatzklagen spricht: Die Schule muss bei einer Klage ihre Vergaberegeln offen legen. Dann können sie öffentlich werden. Es kann daher mit ins Kalkül gezogen werden, dass die Schule – um einem Rechtsstreit, in dem die Vergaberegeln und ihre Anwendung offen gelegt werden müssen, auszuweichen – den Schulplatz dann kurzfristig an den Kläger vergibt.
In diesem Fall hätte die Schulplatzklage Erfolg, ohne dass je die Vergaberegeln geklärt worden wären.
Ein Risiko besteht aber immer. Garantien gibt es keine.
Im Rechtsstreit ist dann die Schule in Angriff zu nehmen, an der der Schulplatz erstritten werden soll, insbesondere ist ihr gegenüber geltend zu machen, bis auf Weiteres keine Schulplätze zu vergeben bzw. einen Schulplatz für den Kläger freizuhalten bzw. den ersten Rangplatz auf der Nachrückliste für den Kläger zu reservieren.
Ich habe in all diesen Konstellationen Prozesse vertreten,
- Gericht verurteilt Schule, dem Schüler den Schulplatz zu geben, OVG Lüneburg, Az.: 2 ME 264/13
- Gericht stellt fest, dass das Losverfahren rechtswidrig war (VG Hannover, Az.: 6 B 3412/16)
- Gericht ordnet an, dass Schule keinen Schüler nachrücken lassen darf (VG Hannover, Az.: 6 B 3412/16)
- Gericht stellt fest, dass Schulplatzvergabe rechtwidrig war (IGS), VG Hannover Az.: 6 B 1777/15
5. Achtung: Sofort nach Erhalt des Ablehnungsbescheides tätig werden!
Wer nicht sofort tätig wird, wird verlieren – jedenfalls in Niedersachsen. Die Gerichte fordern praktisch ein Tätigwerden innerhalb von 5 Tagen nach Erhalt des Ablehnungsbescheides.
Mein Tipp: Holen Sie sich sofort Rechtsrat ein, wenn Sie einen Schulplatz einklagen wollen oder dies erwägen.
Sie haben kaum Bedenkzeit. Dasselbe gilt für mich. Ein Mandat muss praktisch sofort bearbeitet und umgesetzt werden.
6. Was kostet die Schulplatzklage?
Die durchschnittliche Schulplatzklage veranlasst folgende Kosten:
Anwaltskosten:
Widerspruchsverfahren: ca. 500,00 – 600,00 €
Gerichtsverfahren (Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung): ca. 500,00 – 600,00 €
Gerichtskosten: 241,50 €
Gesamtkosten: ca. 1.400,00 €
Wenn Sie gewinnen, zahlt die Gegenseite, sonst Sie.
Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, trägt diese evtl. die Kosten. Fragen Sie Ihre Rechtsschutzversicherung oder schauen in Ihre Police.
Bei Interesse setzen Sie sich gern mit mir in Verbindung, telefonisch (0511. 220 620 60) der per mail (tarneden@tarneden.de)